Mark Lammert
Ein Maler, Zeichner, Radierer, Lithograph. Ein ernster Ironiker mit zeitkritischer Ambition, ein Lesender, der das Gelesene schreibend vergewissert. Ein Zurückgezogener, der im Wissen um Geschichte tätig ist, und der die Geschichte der Kunst der Menschen zusammensehen kann mit der ihrer Verbrechen. Und daraus nicht Fluchtimpulse entwickelt, nicht Schönheit und nicht Ekel. Sondern etwas Viertes, das sehr eigenständig ist und eine ge-genwärtige Reflexion zum Maßstab hat. Es liegt in der Materialität der Werke selbst, im Aufspüren der "äußersten Ermattungsreste der Urbilder". In ihrer vibrierenden Wiedererweckung mit Farbe oder Stift. Lammerts Bilder der letzten Jahre - auch dann, wenn sie zuweilen durch Literatur aufgeladen werden - sind archaisierende Beschwörungen des Leibes. Dessen Konsistenz wirft das Bild seines Befindens auf den Grund; als Teil für das Ganze, als materialisiertes Licht, nicht zuletzt als Zeichen organoider Endlichkeit. Man kann wohl sagen, daß auf der inhaltlichen Ebene von Lammerts Daseinsrecherche der Kunst eine Untersuchung heutiger Möglichkeiten des Menschenbildes im Zentrum steht. Denn bei all seiner metaphorischen Verknappung zum Elementaren hin hat Mark Lammert die Figur nicht verlassen. Sie bleibt als Ausgangspunkt der vielfältigen und vielschichtigen Fragmentierungen immer anwesend.

Matthias Flügge
aus seiner Laudatio zur Kollwitzpreisverleihung an Mark Lammert, 1999