Tina Bara

difference (1990/2002)

Beim Siebdruck für die Foto/Graphik Galerie Käthe Kollwitz geht Tina Bara von ihrer 2002 entstandenen Foto-Text-Arbeit "difference" aus. Diese basiert auf 21 Porträts von Frauen, die sie 1990 in Westberlin fotografierte. Wie Tina Bara selbst, hatten alle Porträtierten vor der Wende ihren ursprünglichen Lebensmittelpunkt (zumeist Prenzlauer Berg) verlassen, um im Westteil der Stadt ein völlig neues Leben zu beginnen. 12 Jahre später ergänzte die Fotografin ihre Aufnahmen durch 25 vierzeilige Texte, um sowohl den Eindruck einer Erinnerungsarbeit, die den zeitlichen Abstand reflektiert, als auch die Verführungskraft, die in der Begegnung von fotografischem Bild und Text liegt, zu verstärken.

"Unter der Fotografie eines Menschen ist seine Geschichte wie unter einer Schneedecke vergraben" (Siegfried Kracauer, 1927). Im Sinne des hinter den Fotos verborgenen, sich schemenhaft Abzeichnenden, erzählt Tina Bara keine jedem Bild zugewiesenen Geschichten. Die Anordnung von Bildern und Texten ist so gewählt, dass eindeutige Kurzschlüsse nicht funktionieren. Die Künstlerin schreibt die Vierzeiler in der Art von Romananfängen (realen, abgeleiteten, fiktiven), um Geschichten anzureißen, die sich unscharf in der Erinnerung abgelagert haben. Die Texte deuten einen Erzählfluss an, der in Gang gesetzt werden könnte, und lassen eine Atmosphäre der Erinnerung an das 12 Jahre Zurückliegende entstehen.

So wie diese Arbeit in der Foto/Graphik Galerie Käthe Kollwitz in Prenzlauer Berg öffentlich präsentiert ist, mutet den Fotos auch etwas von einem "Steckbrief" an. Hier im einstigen Umfeld der Abgebildeten fragt man sich, wer sie sind und was wohl aus ihnen geworden sein mag.


(Nach einem Text von Tina Bara, Herbst 2002.)