Zu den fotografischen Arbeiten von Maria Sewcz
Aus Barbara Strakas Text im Buch zur Ausstellung von Maria Sewcz "Point out" im Haus am Waldsee, Berlin - bis 9. Mai 2004

Die physische Präsenz der Motive ist typisch für das fotografische Werk der Künstlerin. Radikale Schnitte und ungewohnte Konfrontationen bei der Motivwahl sind ein ästhetisches Grundprinzip von Maria Sewcz. Schon bei der Entscheidung für ein Bilddetail scheint es, als sei dieses aus dem ursprünglichen Kontext gewaltsam herausgeschnitten, vom Ganzen unwiderruflich getrennt. Das Abschneiden, Auf- und Einschneiden gehört zu den Alltagstechniken, aber es hat immer etwas Gewaltsames. Diese destruktive Geste des Zerschneidens und Zerstörens, transportiert im ästhetischen Erbe der Moderne, bleibt indessen nicht das übergeordnete Prinzip für das fotografische Werk von Maria Sewcz. Sie findet Formen neuer und ungewohnter Zusammenhänge, Sehweisen, die Spuren hinterlassen und Bilder, die sich wie mit dem Brennglas in das visuelle Gedächtnis einprägen. Ihre Wahrnehmung und Darstellung der Welt gleicht einem Film, der Leerstellen hat und animieren will, unsere eigenen Bilder dort einzusetzen.

Die "Perspektive" ist jetzt kein verlässliches Konstrukt menschlicher Übereinkunft mehr, sondern ein gesellschaftliches Problem; sie ist ins Schwanken geraten, unverbindlich geworden. Sie ist Sache jedes Einzelnen, erfasst den ganzen Menschen. Es ist die eigene Körperbewegung, mit der Maria Sewcz dieses Schwanken einfängt, die zu Alltagsthemen und Zufallsprinzip im Augenblick der Aufnahme hinzutritt und die Haltlosigkeit und Brüchigkeit heutiger Realitätserfahrung noch im Fliehen einfängt, um sie im Bild zu bannen.