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Reinigungsrituale, 1994. Installation, 5. Biennale Havanna
Spielzeug, Öl. 400 x 200 cm
An einer Wand hängen verschiedene Objekte nebeneinander, die in Rohöl eingetaucht worden sind, wodurch unter jedem eine schwarze triefende Spur entstanden ist. Durch diese Einweihung wurden die Objekte einer Art Auratisierungsprozess unterzogen. Aus der profanen wertlosen Welt entrissen, durch die Kunst getauft, sind sie zum Gegenstand sakralähnlicher Verehrung geworden. Die weihende Flüssigkeit ist eine Substanz von höchsten ökonomisch - politischen Wert: das schwarze Gold. Wie bei der Vergoldung bleibt das zähflüssige Schwarz an der Haut der Objekte haften: Veredlung bedeutet hier Vernichtung. Dem Wort »weihen« steht in Latein nämlich zum Substanz ist eine das Wort »victima« am nächsten: das Opfer(tier), eigentlich das für das Opfer Geweihte.

An jedem Objekt blieb jedoch eine kleine Stelle vom Öl unberührt. Die Ferse, die beim Achilles den tod bedeutete, wird hier zur Hoffnung. Vom Verschmutzungsbad ausgespart, vom Erhabenem uneingeweiht ist sie ein Stück Urzustand, ein Rest Unschuld, Natur sich selbst überlassen: eine andere mögliche Zukunft.

Der fotografische Prozess mit seinen verschiedenen Bädern gleicht gewissermaßen auch einer solchen »Einweihung«. Das Entwicklungsbad läßt die schwarzen metallischen Silberkristalle zu »wertvolle« Bildinformation werden. Gleichzeitig bedeutet es ein umweltbelastendes Reinigungsverfahren, denn der Fototräger muß durch langzeitige Wässerung gereinigt werden.

Pat Binder. Katalog zur Ausstellung »Havanna/São Paulo - Junge Kunst aus Lateinamerika«,
Haus der Kulturen der Welt, Berlin 1995, S. 145/146
©  Pat Binder